Musik spielt eine große Rolle

Auch Brian hatte seine Ansprache beendet. Nun griff er zu seiner Gitarre, schaute auf die Gruppe, ob alle bereit waren und gab den Einsatz. Sie begannen mit den Beatles, sehr gemäßigt, dann folgte Abba, die Rolling Stones, das Tempo und der Sound wurden schneller und härter, es folgten Led Zeppelin und Kiss bis sie schließlich bei den Iron Maiden angelangt waren.
Mike, der Bassgitarrist, nahm sein Mikrofon und sang eines der bekanntesten Lieder der Iron Maiden.

Und da passierte es. Brians Bewegungen wurden plötzlich langsamer, er riss seine Augen weit auf und starrte in den Zuschauerraum, ohne etwas wahrzunehmen, er schwankte vor, dann zurück, griff wieder in die Saiten, und als Mike seinen Song beendet hatte, drosch Brian auf seine Gitarre ein, so dass die anderen ihn verwundert ansahen. Aber sie kannten Brians Temperament und wenn er Tempo vorgab rockten alle mit. Plötzlich nahm er sein Mikro, sprang in die Mitte der Bühne und begann mit einer Stimme, die wie ein Reibeisen klang, zu singen. Dabei vollführte er die groteskesten Bewegungen und Verrenkungen, robbte auf den Knien über die Bühne, sprang wieder auf, wie eine Feder, und röhrte ein Lied, was zwar Englisch klang, aber von niemandem verstanden wurde. In Sekundenschnelle hatte er das Mikrofon auf den Ständer gesteckt, seine Gitarre aufgenommen und beendete seinen Vortrag mit einem stakkatoähnlichen Rhythmus und einem Satz, den er wie in einem Refrain mehrmals wiederholte, in dem man deutlich god and hell, Gott und Hölle, verstehen konnte. Außer Sven hatte es niemand bemerkt. Im Gegenteil, einige klatschten sogar den Takt mit, der wie ein Ohrwurm einging.

Diese Darbietung war einsame Spitze und könnte die ersten Plätze der Charts erreichen. Darüber waren sich wahrscheinlich alle Zuhörer einig. Dementsprechend war auch der Applaus. Aber Brian hörte ihn kaum. Er schmetterte seine Gitarre auf die Bühne, die auf dem Boden bis in die hinterste Ecke schlitterte, riss plötzlich die Arme hoch, stieß einen spitzen Schrei aus und taumelte nach vorn.

Alle glaubten, dass dies zu seiner Show gehörte, und als Mike Brian an der Hand zum Bühnenrand zog, nahmen Jubel und Bravorufe kein Ende. Brian verbeugte sich, winkte noch kurz ins Publikum und war verschwunden.

Sven saß wie versteinert auf seinem Platz. Steve, fragte er, was soll ich bloß machen? - Es war schrecklich! Sven fühlte einen leisen Hauch, als würde er gestreichelt.
Warte bis alle gegangen sind, dann geh zu Brian. Er braucht jetzt seine Ruhe. Such ihn dann, er wird irgendwo in der Nähe der Schule sein.

Sven war sitzengeblieben, wie ihm Steve gesagt hatte. Die Aula hatte sich inzwischen geleert und die meisten der Schüler und Eltern waren nach Hause gegangen. Sven erhob sich schwerfällig, ging langsam die Treppe hinunter, um Brian zu suchen. Hinter der Schule entdeckte er ihn.
Er lehnte an der Wand und rauchte eine Zigarette. "Hi!
Brian", sagte Sven, "ich..." Brian warf seine Zigarette weg. "Hau ab!" blaffte er Sven an, "hau ab und lass mich in Ruhe!" Doch dann fügte er entschuldigend hinzu: "Tut mir leid, Sven, 's war nicht so gemeint". Dann setzte er hinzu: "Mir ist kotzübel, ich könnte heulen, ich könnte..."
Brian war nicht wiederzuerkennen. Sein Gesicht war eingefallen, seine sonst so strahlenden Augen hatten jeden Glanz verloren, und sein Mund zeigte Trauer. . .

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