Die Einweihung

Schweißgebadet wacht Sven auf. - Nimmt denn das gar kein Ende! - Er hatte von der Eröffnungsfeier geträumt. Gestern Abend war die feierliche Einweihung der neuen Jugendbegegnungsstätte, die ‚Ronde‘.

Die Stadt hatte den Jugendlichen drei Räume zur Verfügung gestellt, die aber von den Jungen und Mädchen entrümpelt, ausgebaut und renoviert werden mussten. Zwei Monate hatten sie jede freie Minute hart gearbeitet, auch Sven. Trotz kleinerer Reibereien bildeten sie eine verschworene Gemeinschaft der Jugendlichen. Und sie waren mächtig stolz auf ihr Werk. Dirk hatte als Geschenk für seine Freunde ein futuristisches Airbrush - Wandbild geschaffen, voller Phantasie und Kreativität, was immer wieder gebührend bewundert wurde. Die Einrichtung, sogar bequeme Polstermöbel, hatten sie sich über die Zeitung „Sperrmüll“ besorgt, so dass rundum ein gemütlicher Treffpunkt entstanden ist. - Bis gestern Abend.

Dabei hatte alles so gut angefangen: Zwei Stadträte überbrachten die Glückwünsche des Bürgermeisters und überreichten den Jugendlichen einen Scheck. Der Filialleiter einer Bank gab ebenfalls eine Geldspende. Und der Inhaber des nahegelegenen Getränkehandels verkündete, er übernehme die Getränkekosten dieses Abends. Die Stimmung konnte gar nicht besser sein. Fröhlich und ausgelassen ging die Party los. Die Jugendlichen waren jetzt ganz unter sich.
Nach etwa einer Stunde wechselte der Sound und krasse Musik behämmerte die Ohren. Einige hatten versteckt Alkohol eingeschleust und machten rege Gebrauch davon. Plötzlich, wie auf Kommando, zwanzig Chefs. Einige spielten sich auf, die nicht mal mitgeholfen hatten. So kam es zu Rumpöbeleien und im Handumdrehen war die wildeste Schlägerei im Gange. Zehn Minuten Hölle, Schreie und Panik und ein Großteil der Einrichtung war zerlegt. - Die Einweihung war vollendet.

Totaler Frust bei Sven: „Wie soll das weitergehen? Und ich habe mich noch bereit erklärt Thekendienst zu machen. Sieht so jetzt die Selbstverwaltung aus: Saufgelage und Schlägereien?“ - Zum Glück wurde niemand ernsthaft verletzt und man versprach, diesen Vorfall nicht an die große Glocke zu hängen.
Er dachte eigentlich - unausgesprochen - an einen Ort der Ruhe und Entspannung, eine richtige Begegnungsstätte mit Austausch über Gott und die Welt sowie gegenseitiger Unterstützung bei allen Problemen.
Einige reißen das Ganze jetzt an sich.

„Michael, auf den hätten sie gehört!“ - Michael ist schon etwas älter, erwachsener. Er hat die gewisse Power sich durchzusetzen. „Mit ihm dabei wär das nicht so ausgeufert.“
Es tat Sven sehr weh, wenn er an seinen Freund dachte. Aber Michaels Vater wurde vor zwei Wochen kurzfristig nach USA versetzt.
So einen Freund wie Michael hatte Sven sich schon immer gewünscht. Er verstand sich fast blind mit ihm. Oft reichte ein kurzer Blickkontakt und man wusste, was der andere gerade dachte. In dieser fast dreijährigen Freundschaft wurde Sven reifer für die Probleme dieser Welt, für die Sorgen anderer Menschen. Michael konnte man fragen was man wollte, er hatte immer einen guten Rat.

Die Trennung von diesem Freund war sehr schmerzhaft.

„Und morgen soll das Modellprojekt „Mofawerkstatt“ offiziell eröffnet werden. Bürgermeister und Presse sind angekündigt. Ausgerechnet die aus dem Mofawerkstatt-Team haben gestern Abend so die Sau rausgelassen. Mit denen soll ich morgen in die Öffentlichkeit?

Auf was hab‘ ich mich da bloß eingelassen? Oh, könnte mir doch jemand da raushelfen!“

Mit so aufgewühlten Gedanken schläft Sven wieder ein.

Sven träumt von seinem Apfelbaum :

„Ach Apfelbaum“, seufzt Sven, „auf was hab ich mich da bloß eingelassen! Kannst du mir nicht weiterhelfen ?“
Ein zartes Raunen geht durch das Geäst: „Nimm die Hilfe an!“ - Aus dem Baum fällt ein Apfel runter und rollt auf Sven zu. Kurz vor ihm löst sich der Apfel mit einem goldenen Kugelblitz auf und verwandelt sich in ein jugendliches Wesen. Sven nahm plötzlich einen wunderbaren Geruch wahr. Es war eine Mischung von herb und doch süß. War es ein wertvolles Parfüm oder war es der Duft edler Rosen? Man konnte es einfach nicht einordnen. Aber dieser Geruch war so wohltuend, dass ihn Sven genoss.

„Hallo Sven!

Ich bin Steve. . . .

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